Erste Ferien ...

... aber nicht für uns. Von gestern bis Sonntag sind wohl wichtige Feiertage im Hinduismus, weswegen hier alles still steht. Schon die ganze Woche ist keine Schule, weswegen auch die Kinder aus dem Heim nach Hause gefahren sind und seit gestern sind auch die Mädels aus dem Hostel bei ihren Familie daheim. Das beeinflusst unsere Arbeit natürlich, es ist ruhiger und wir hätten eigentlich noch mehr freie Zeit gehabt als bisher. Diese wurde in den letzten Tagen aber von den Programmen der IGL gefüllt, die für uns nun auch starten und von wichtigen Gesprächen mit wichtigen Menschen, denn bis heute ist ja unsere Verantwortliche aus Deutschland, Marianne, vor Ort. Trotzdem blieb genug Zeit, dass wir mit ihr zusammen einmal richtig in Indien eintauchen konnten. So haben wir am Sonntag nach dem Gottesdienst einen gemeinsamen Spaziergang in der Gegend gemacht und die Gegend etwas erkundet. Wenn uns dann ein Hund knurrend und bellend entgegenkam haben wir aber ganz freiwillig ungedreht und eine andere Richtung eingeschlagen ;)

Wir leben hier wirklich in einem Paradies von Landschaft. Alles grün und ruhig, geprägt von Bananenplantagen, Palmen, Kühen und der ständigen Aussicht auf die Berge... Damit ihr daran auch etwas teilhaben könnt, findet ihr unten einige Fotos. Es ist wirklich wundervoll:)

 

Am Montag kamen wir dann für unseren halben Bürotag ins Office der IGL, wo uns mitgeteilt wurde, dass sich der Plan geändert hat: Büroarbeit ist jetzt am Mittwochmorgen und wir hätten schon vor einer Stunde da sein sollen, um eine kleine Kirchengemeinde am dörflichen Rand Salems zu besuchen. Tja, alles spontan, typisch indisch... Aber deswegen ist es ja dann auch kein Problem, dass wir zu spät sind. Gesagt, getan und los gehts in Richtung Dorf (was hier tatsächlich Dorf und was "Stadtrand" ist können zumindest wir noch nicht wirklich erkennen). Dort angekommen werden wir von den wenigen (-> Ferienzeit) kleinen und voll goldigen Kindern der kirchlichen Kinderbetreuung mit Blumen begrüßt. Sooooo goldig:) Die Kinder, die noch zu klein für die Schule sind, verbringen jeden Tag von neun bis vier dort in der Kinderbetreuung in der Kirche, während ihre Eltern arbeiten. Nach der Schule gegen vier kommen dann auch die älteren Kinder bis die Eltern dann von der Arbeit nach Hause kommen und ihre Kinder wieder abholen. Normalerweise sind das jeweils über 30 Kindern, heute Morgen sind sieben da.

 

Anschließend dürfen wir noch die Nähwerkstatt der IGL nebenan anschauen. Dort wird von sieben Frauen Kleidung produziert, wodurch diesen ein recht gutes und vor allem sicheres Einkommen gesichert ist. Das ist ein ziemlich erfolgreiches Modell hier, da die Frauen, wenn sie selbst Geld verdienen plötzlich eine ganz andere Rolle bekommen, viel selbstständiger und mehr respektiert werden. Eine Frau erzählt uns, dass sie, seit sie Geld verdient, mit ihrem Mann Dinge bespricht. Zuvor hatte sie kein Mitspracherecht. Diese Frauen, die sich nebenbei noch um die Kinder kümmern, arbeiten hart, um ihr Leben zu ändern und es zu etwas zu bringen. Und nur so kann die hier übliche Diskriminierung von Frauen überwunden werden.

Auch das nächste Projekt, das wir besuchen, setzt an diesem Punkt an. Es ist eine große Veranstaltung, gegenüber unserer Unterkunft. Dort haben sich viele viele Frauen versammelt und warten freudig gespannt, denn nach ausführlicher Planung und Vorbereitung werden sie heute einen Mikrokredit von der IGL bekommen. Dieser gibt ihnen die Möglichkeit, in etwas größeres zu investieren von dem sie dann leben und für ihre Familie sorgen können. So haben sie beispielweise die Chance, eine Kuh zu kaufen, deren Milch sie dann nutzen und auch verkaufen können oder ein Geschäft zu eröffnen. Nach zehn Monaten sollen sie den Kredit vollständig zurückgezahlt haben, damit dieser dann einer anderen Frau den Start in ein neues Leben ermöglichen kann. Aufgrund dessen werden die Frauen vorbereitet, begleitet und bekommen keinen höheren Kredit als 20.000 Rupien (entspricht ca. 260€, aber man muss bedenken, dass die Preise hier nicht mit denen zu Hause vergleichbar sind), was für die Frauen sehr viel Geld ist. Sie müssen oft schon hart arbeiten, damit ihre Familien sie überhaupt an diesem Projekt teilnehmen lassen. Es ist beeindruckend, was sie auf sich nehmen, aber dieses Projekt hat auch tatsächlich die Reichweite ihr Leben und ihre Stellung in der Gesellschaft grundlegend zu verändern, ihnen Wert und Selbstständigkeit zu geben. Es war eine sehr beindruckende und berührende Veranstaltung und ich bitte euch, dass ihr für diese Frauen betet, dass ihr Mut und ihre harte Arbeit Früchte tragen und sie ein neues Leben beginnen können.

     

Ein Highlight in eine ganz andere Richtung war, als wir mit Marianne shoppen waren. Nach der Besprechung am Dienstagnachmittag waren wir noch Fertig-Chudys einkaufen, Schmuck und Früchte. Wer mich kennt, weiß, dass ich schon in Deutschland einen großen Bogen uns Kleidung schoppen mach, wo es nur geht. Aber im Vergleich zu hier, ist das daheim ein entspannter Spaziergang. Hier wird man von mindestens drei Verkäuferinnen gleichzeitig umschwirrt, die einen auf Tamil zutexten (was wir natürlich voll verstehen) und einem ständig irgendwas andrehen wollen, denn selber schauen, was einem gefällt, wird überbewertet 😜 Wir waren also glücklich als wir jeder einen Chudy hatten und endlich zahlen konnten. 

 

Ein weiteres einprägendes Shoppingerlebnis hatten wir am Donnerstag. Nachdem wir nichts mehr zu tun hatten, hat Marianne vorgeschlagen, einfach in die Stadt zu gehen und ein bisschen in der Einkaufsstraße rumzuschauen. Also wurden wir dort nach dem Mittagessen abgesetzt und sind zum ersten Mal in das richtige und alltägliche Indien eingetaucht. Alles voller Menschen, Autos, Motorrollern, Verkäufern, Hunden, alles laut und voll. Und mega beeindruckend (abgesehen von der Tatsache, dass ich - typisch Dorfkind - mindestens fünf mal in den ersten zehn Minuten fast überfahren wurde, dann waren wir in einem Laden). In dem Shop angekommen, den Abraham uns empfohlen hatte, waren wir erstmal völlig überwältigt: Ein riesiger Laden, in dem es jeden Kruscht gibt - und alles für höchstens 20 Rupien, das sind ca. 30 Cent. Das ist echt gefährlich... wir haben also eingekauft und eingekauft und eingekauft - was man halt so braucht und auch was man eigentlich nicht braucht. Als wir dann glücklich fertig waren hat es geschüttet wie aus Kübeln und nachdem es nicht nachgelassen hat, war unser Plan uns ein Rickshaw anzuhalten und mit dieser zum YMCA zurückzufahren. Dafür müssten wir aber erstmal auf die andere Straßenseite. Auf der Straße war zwar nun nicht mehr so viel los, das hatte aber auch seinen Grund: An den meisten Stellen stand das Wasser Knöchelhoch (man wurde also von oben UND unten nass), Äpfel schwammen vorbei und alles was sonst nicht irgendwie befestigt war. Ich hab mich dem beinahe angeschlossen, des beim Überqueren der Straße hab ich meinen Schuh verloren, bin ausgerutscht und wäre beinahe in der braunen Brühe gelandet. So hatten die ganzen Leute die im Trockenen standen dann auch ihre Belustigung. Das war zwar nicht der Plan, aber guuut... Letztendlich haben wir aber dann eine Rickshaw bekommen und sind nach einer abenteuerlichen Fahrt dann auch erfolgreich beim YMCA angekommen:)

Wie ihr seht, haben wir in den letzten Tagen hier viel erlebt und gaaaanz viele neue Eindrücke gewinnen dürfen. Es war toll, dass Marianne hier war und uns so viel erklären und zeigen konnte und ich bin unendlich dankbar, dass ich hier sein und all das erleben und mit euch teilen darf. 

Wenn ihr auf die Fotos unten klickt, steht darunter die Erklärung, was darauf zu sehen ist:)

 

An dieser Stelle möchte ich bin auch ganz herzlich bei den Leuten bedanken, deren finanzieller Beitrag sich schon auf den Weg gemacht hat. Ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich bin, dass ihr zu meiner Zeit hier so wesentlich beiträgt. Vielen Dank💕

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